Mit der Gründung der Künstlergruppe ZERO am 24. April 1958 in Düsseldorf vollzogen die deutschen Künstler Heinz Mack und Otto Piene eine radikale Abkehr von den künstlerischen Ausdrucksformen der Vor- und Nachkriegszeit. Ihre Kunstbewegung, motiviert von dem tiefen Bedürfnis nach einem Neuanfang und der Metapher einer „Stunde Null“, zielte entschlossen darauf ab, eine völlig neue, unbelastete Ästhetik zu etablieren. Dabei stand die Ablehnung einer Rückkehr zur Kunst der prä-zweiten Weltkriegs Ära im Zentrum ihrer Agenda. Drei Jahre nach ihrer Gründung wurde das revolutionäre Momentum der Gruppe durch die Ergänzung des Künstlers Günther Uecker im Jahr 1961 verstärkt.

Diese Kunstvisionäre betrachteten die Suche nach Alternativen zu den traditionellen künstlerischen Werten – welche sie in den post-kriegs Strömungen des Informel und Tachismus repräsentiert sahen – als symbolisches Echo ihrer hoffnungsvollen und idealistischen Weltanschauung. Der Name ihrer Gruppe, ZERO, steht emblematisch für eine Phase des Schweigens und der Stille; eine Übergangszone, die den Wandel von einem alten zu einem neuen Zustand symbolisiert. Im Herzen ihrer Kunst lag das Konzept des „Nichts“ oder „Nullpunkts“, ein radikales Manifest, das die konventionellen Ansichten zur Kunst herausforderte und die dringende Notwendigkeit eines Neubeginns betonte.

Die künstlerische Vision

Mit ihrer bahnbrechenden Vision strebten die Mitglieder von ZERO an, eine neue Ära der Kunst einzuläuten. Sie distanzierten sich von den traditionellen Kunstformen wie Malerei, Skulptur und Fotografie und suchten stattdessen neue künstlerische Ausdrucksformen, die sich mit den Elementen Licht, Bewegung und Raum auseinandersetzten. Ihre Kunst strebte danach, eine neue, gereinigte und heilende Welt im Kontrast zu den Schrecken des Krieges zu schaffen.

Jeder Künstler der ZERO-Gruppe trug mit einzigartigen Techniken und Materialien zur Vielfalt der Bewegung bei. Günther Uecker war bekannt für seine „Nagelreliefs“, bei denen er Nägel in Holz schlug, um faszinierende Texturen und Schattenspiele zu erzeugen. Heinz Mack hingegen experimentierte mit unterschiedlichen Strukturen und Materialien, um Reflexionen und Lichteffekte zu erzeugen. Er entwickelte die sogenannten „Lichtreliefs“ und „Lichtstelen“, die Licht und Schatten auf innovative Weise manipulierten. Otto Piene wiederum, widmete sich der Licht- und Feuerkunst. Mit seiner „Rauch- und Feuergrafik“ und den „Lichtballetten“ schuf er immersive Erlebnisse, die die Wahrnehmung der Betrachter herausforderten und transformierten.

Zusammen schufen sie lichtkinetische Objekte, die den Raum umfassten und in ihn eingriffen, wodurch sie eine neue, puristische Ästhetik erzeugten, die irgendwo zwischen Bild und Skulptur angesiedelt ist. Diese Werke spiegelten ihren Wunsch wider, dem Trauma und den Gräueln des Zweiten Weltkriegs eine optimistischere, idealistischere Weltanschauung entgegenzusetzen.

Internationaler Einfluss

Obwohl sie in Deutschland gegründet wurde, erreichte die Bewegung ZERO schnell einen internationalen Einfluss. Die Künstlergruppe arbeitete mit anderen wichtigen Figuren der zeitgenössischen Kunst zusammen und führte gemeinsame Ausstellungen durch, unter anderem mit Yves Klein, Lucio Fontana und Piero Manzoni.

Das Ende und das Vermächtnis

Die Auflösung der Gruppe ZERO kam nach einer Reihe von Ausstellungen und Demonstrationen, darunter die letzte gemeinsame Ausstellung „ZERO in Bonn. Mack, Piene, Uecker“ in den Städtischen Kunstsammlungen in Bonn. Im Anschluss an diese Ausstellung fand in der Nacht vom 25. zum 26. November 1966 eine bemerkenswerte Demonstration statt, die als „ZERO ist gut für Dich“ bekannt wurde. Sie fand im Bahnhof Rolandseck bei Bad Godesberg statt und war geprägt von einem ausdrucksstarken Akt der Zeremonie und des Protests, bei dem ein Wagen mit brennendem Stroh in Richtung des Rheins geschickt wurde, wo er schließlich in den Fluten versank.

Die Auflösung der Gruppe wurde nicht als Ende, sondern als feierliche Verabschiedung betrachtet. Heinz Mack reflektierte über das Finale der Gruppe und sagte: „1966 fand Zero ein positives Ende. Über tausend Menschen haben es in einer Nacht gefeiert. Ich selbst hatte mir dieses Ende gewünscht: ein Ende, das ich genau so befreiend fand wie den Anfang von Zero.“

Trotz ihrer Auflösung blieb der Einfluss der Gruppe ZERO auf die zeitgenössische Kunst bestehen. Ihre Pionierarbeit in der Verwendung von Licht, Bewegung und neuen Materialien prägte nachfolgende künstlerische Bewegungen und die Entwicklung der Konzeptkunst und der Minimal Art.

Die Gruppe ZERO steht als Symbol für den künstlerischen Aufbruch nach dem Zweiten Weltkrieg, ein Zeichen für Optimismus und Hoffnung, das bis heute in ihren Werken zu spüren ist. Ihre Vision des „Nichts“ als Anfangspunkt, aus dem Schönheit und Erneuerung hervorgehen können, bleibt ein inspirierendes Manifest für die Kunstwelt. Ihre feierliche Auflösung unterstreicht diese Philosophie, indem sie den Zyklus von Beginn und Ende, von Schöpfung und Auflösung, feiert.

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